Clean Industrial Deal – Klima-Industrie macht sich EU zur Beute

Im Februar 2023 erklärte die deutsche CDU-Politikerin und amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den von ihr selbst im Jahr 2019 aufgelegten Green Deal zum Erfolg. Damit Europas Wirtschaft den Übergang zur Klimaneutralität schneller bewältige, verkündete sie zugleich den Industrieplan zum Green Deal, den Clean Industrial Deal. Ziel dieses Industrieplans sei es Europas CO2-neutrale Industrie wettbewerbsfähiger zu machen.

In Deutschland sprechen Politik und Medien von der grünen Transformation. Das ist irreführend. Das englische Wort Deal bedeutet Abmachung, Vereinbarung, Handel oder Geschäft. Und genau das ist es, um was es beim Green Deal und beim Clean Industrial Deal geht, um ein Geschäft. Und zwar um ein Myriaden schweres Geschäft.

Der Green Deal und der Clean Industrial Deal sind keine europapolitischen Klimaschutzprogramme, sondern knallharte kapitalistische Industrieprojekte. Es geht hier weder um Natur- oder Klimaschutz, sondern schlicht und ergreifend um Geld, um sehr viel Geld.

Im Laufe der Jahrzehnte etablierte sich im Schatten einer grünen Umweltpolitik eine milliardenschwere und hyperkomplexe Industrie. Durch deren professionelle Lobbyarbeit gelang es ihr, die ursprünglich ehrenhaften Ziele einer einstmaligen Öko-Partei in ihr absolutes Gegenteil zu verkehren und für ihre eigenen monetären Zwecke nutzbar zu machen. Das Ergebnis sehen wir heute. Unter dem Protektorat einer angeblich ökologisch nachhaltigen Klimapolitik fallen Hersteller von sogenannten grünen Technologien über die mit Steuergeldern prallgefüllten Töpfe der öffentlichen Hand her.

Ein Konjunkturprogramm zum Nachteil der europäischen Wirtschaft

In der Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des Europäischen Parlamentes am 03.10.2024 stellte David Schäfer, politischer Referent im Referat »Europäischer Green Deal« im Generalsekretariat der EU-Kommission, den EU-Abgeordneten die bisherigen Ergebnisse der sogenannten EU-Energiewende-Dialoge vor. An diesen Dialogen zwischen EU-Kommission, Wirtschaft und Sozialträgern nehmen unter anderem 1.200 handverlesene Unternehmen aus ganz Europa teil. Diese EU-Verrichtungsgehilfen formulieren in ihren Treffen kommissionskonforme politische Forderungen, die dann nach außen hin so dargestellt werden, als wären es die sehnlichsten Wünsche der Industrie an die europäische Kommission.

EU-Energiewende-Dialoge fordern fünf Bausteine des Clean Industrial Deal

Als Ergebnis der ersten neun Energiewende-Dialoge mit der Wirtschaft in der Zeit von Oktober 2023 bis April 2024 präsentierte David Schäfer ein vermeintlich von der Wirtschaft gefordertes fünf Säulen Modell. Bemerkenswerte Randnotiz: Auf dieses fünf Säulen Modell seien die neuen EU-Kommissare in ihrem Missionsschreiben bereits eingeschworen und verpflichtet worden.

Baustein 1:
Verwirklichung der Ziele durch wirksame Umsetzung und Vereinfachung

Die erste Säule klingt so, als ginge es um Bürokratieabbau. In lediglich einem Punkt ist das auch der Fall, wenn es um eine 25%tige Verringerung der Belastung durch Berichtspflichten geht. Der Rest jedoch besteht aus Androhungen von Zwangsmaßnahmen.

So wird eine schärfere Überwachung der nationalen Energie- und Klimapläne gefordert. Die EU soll hierfür eine Plattform veröffentlichen, in welcher die Länder eintragen inwieweit sie vorgegebene Schlüsselindikatoren erfüllt haben oder nicht. Dieser Überblick soll politischen Entscheidern helfen über weitere Maßnahmen zu entscheiden den Druck auf und in den Ländern zu erhöhen die Green Deal Maßnahmen umzusetzen.

Die EU kündigt an zudem weitere Leitlinien zu erlassen, um die EU-Rechtsvorgaben insbesondere in Ländern mit schwachen Verwaltungskapazitäten einfacher und schneller durchzusetzen, damit die Ziele des Green Deal flächendeckend erreicht werden.

Baustein 2:
Reichlich verfügbare und erschwingliche saubere Energie

Laut EU-Bericht fordern die europäischen Unternehmen eine Absenkung der Energiekosten und schlagen dafür vor, die Netzentgelte für Unternehmen zu senken. Aber auf keinen Fall für alle, sondern nur für diejenigen die energieintensiv sind und Dekarbonisierungsstrategien verfolgen. Niedrigere Energiekosten also nur für systemkonforme Großunternehmen.

Dann folgen Forderungen, welche die Energiekosten steigen lassen. So sollen CO2– freie oder arme Energiequellen vermehrt und beschleunigt ausgebaut werden. Besonders befremdlich, laut Bericht fordern die europäischen Unternehmen den Abbau von Subventionen und die Abschaffung der Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung fossiler Brennstoffe.

»Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.«

– Jean-Claide Juncker

Baustein 3:
Moderne Infrastruktur als Rückgrat der Industrie

Mit moderner Infrastruktur ist im Bericht lediglich das Gas- und Stromnetz gemeint. War zuvor noch die Rede davon die Netzentgelte für systemtreue Großunternehmen zu senken, sollen für den Netzausbau jetzt wieder alle zur Kasse gebeten werden. So wird von Seiten der Wirtschaft angeblich reklamiert, dass Private Investitionen nicht ausreichend mobilisiert wurden. Diese Kritik der Wirtschaft nimmt die EU wohlwollend auf und kündigt an, die Gespräche mit der Industrie über die Frage zu intensivieren, wie Netznutzer, insbesondere Stromerzeuger, zur Finanzierung der erforderlichen Investitionen beitragen können.

Baustein 4:
Mobilisierung von Finanzmitteln für den Übergang

Wohlwissend, dass grüne Technologien nicht wirtschaftlich sind und auf dem Markt nicht bestehen können, fordern die Autoren im nächsten Baustein gleich mehr finanzielle Unterstützungen durch Steuergelder ein: »Selbst bei einem stärkeren Engagement der privaten Märkte dürfte das Marktversagen in bestimmten Bereichen fortbestehen, was eine Diskussion über eine stärkere, gezielte und innovative finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand erfordert.«

Besonders viele Geld wittern die Autoren beim Zertifikathandel: »Erhebliche Finanzmittel werden durch die Versteigerung von Zertifikaten im Rahmen des Emissionshandelssystems (EHS) bereitgestellt.« und fordern die EU im gleichen Atemzug auf: »…den Zugang zu öffentlichen Mitteln einfacher und schneller zu gestalten und Möglichkeiten zu sondieren, wie EU-Mittel mit verfügbaren lokalen und regionalen Finanzmitteln verknüpft werden können.«

Baustein 5:
Ausschöpfen der Vorteile eines sauberen Binnenmarktes in einem globalen Wettbewerbsumfeld

Im letzten Baustein betonen die am Energiewende-Dialog beteiligten Unternehmen die Bedeutung eines geschlossenen und streng regulierten europäischen Binnenmarktes.

Hervorgehoben wird insbesondere, dass die bereits bestehenden europäischen Rechtsvorschriften Möglichkeiten bieten die Vergaben öffentlicher Aufträge so einzusetzen, dass Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit Europas mobilisiert werden.

In anderen Worten, die europäischen Green-Deal-Vorschriften sollen so weit verschärft werden, dass inner- und außereuropäische Unternehmen in jedem Fall Geld investieren müssen, um die rechtlichen Voraussetzungen zur Teilnahme am europäischen Markt zu erfüllen. Kurzum, wer nicht mitmacht fliegt raus.

Der Clean Industrial Deal – In guter alter europäischer Manier

Die Beweise liegen auf dem Tisch. Es geht weder um Klima- und erst recht nicht um Naturschutz. Es geht auch nicht um das Wohl der Menschen und der Wirtschaft in der europäischen Union. Der Green Deal und der Clean Industrial Deal sind ein zig-milliardenschweres Geschäft. Eine turbokapitalistische Green-Tech-Industrie hat sich die EU zur Beute gemacht. Die Politik sichert das Geschäft juristisch ab und setzt es gegen jeden Widerstand über Richtlinien, Vorschriften und Gesetze mit aller Macht durch.

In Deutschland haben wir ein derart rigoroses Vorgehen gerade erst erlebt. Der EU und der deutschen Bundesregierung ging es mit dem Clean Industrial Deal nicht schnell genug. So wurde im November des Jahres 2023 das bisherige Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) nahezu vollständig von einem neuen Gesetz, dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) abgelöst. Mit dieser neuen Vorschrift werden Unternehmen ab einem Gesamtjahresenergieverbrauch von 2,5 GWh und mehr als 7,5 GWh unter Androhung massiver Geldstrafen dazu gezwungen Energieeffizienzmaßnahmen oder gar ein sehr zeit- und kostenintensives Umwelt- oder Energiemanagementsystem umzusetzen.

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass ab einem Gesamtjahresenergieverbrauch von 23 GWh ein solches System eingeführt werden muss. Nicht so in Deutschland. Die Ampel-Regierung verpflichtet Unternehmen dies schon ab 7,5 GWh tun zu müssen. Wie es scheint, will man in Berlin europäischer Klassenprimus in Sachen grüner Transformation sein. Wie es den Unternehmen dabei geht, scheint keine Rolle zu spielen.

Über den BVGE e. V.



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