Energieeinkauf in Zeiten großer Verunsicherung

Der deutsche Energiemarkt befindet sich in einem massiven Umbau. Nur unter Inkaufnahme erhöhter Risiken kann Energie eingekauft werden. Unternehmen müssen Ihre Energiebeschaffung umstellen und professionalisieren. Aber wie?

Die Ursache

Einzige Ursache der volatilen Versorgungssicherheit und Preissteigerung auf dem deutschen Energiemarkt ist die politisch gewollte Energiewende. Ohne einen zeitnahen und nachhaltigen Politikwechsel müssen sich Unternehmen in Deutschland dauerhaft auf höhere Energiepreise einstellen.

Der Terminmarkt

Das von Unternehmen bevorzugte Beschaffungsmodell ist der Terminmarktkontrakt. Die vertragliche Absicherung eines festvereinbarten Arbeitspreises (Festpreis) über einen Zeitraum von bis zu mehreren Jahren hinweg, garantiert den Unternehmen budgetäre Planungssicherheit.

Auf dem Börsenparket des Terminmarktes werden Transaktionen „gehedget“, das heißt, dass die Risiken einer Transaktion durch höhere Preise einer anderen Transaktion abgesichert werden. Die Börsenspekulationen werden über Sicherungsgeschäfte, sogenannte Hedgegeschäfte, abgesichert.

Aus Sicht der Energieversorgungsunternehmen ist das Beschaffungsmodell des Terminmarktes unter den aktuellen Marktbedingungen mit zu hohen Risiken verbunden. Die Lieferanten müssen das Risikogeschäft mit einer hohen Eigenkapitaldeckung absichern, wozu sich viele Lieferanten weder imstande noch willens sehen. In der Folge werden entweder keine oder Terminmarktkontrakte zu hohen Einzelhandelsverkaufspreisen angeboten.

Auch das Argument des krisensicheren Festpreises ist spätestens seit 2022 Geschichte. Reihenweise wurden Terminmarktkontrakte mit dem Argument der wirtschaftlichen Nichtzumutbarkeit vorzeitig von Lieferantenseite gekündigt.

Von dieser Entwicklung gleichermaßen betroffen ist der Tranchen-Einkauf, eine Sondervariante des Terminmarktes. Der Gesamtenergiebedarf eines in der Zukunft liegenden Jahres wird in Teilmengen (Tranchen) aufgeteilt und zu verschiedenen Zeitpunkten im Vorjahr eingekauft. Auch von diesem Beschaffungsmodell nehmen die Lieferanten aufgrund zu hoher Risiken vermehrt Abstand.

Der Spotmarkt

In den skandinavischen Ländern ist die reine Spotmarktbeschaffung das schon seit Jahren von den Unternehmen bevorzugte Modell. In Deutschland hingegen haftet der Spotmarktbeschaffung noch immer der Ruch der Börse und Spekulation an. Doch genau das Gegenteil ist der Fall.

Während auf dem Terminmarkt spekuliert und gehedget wird, findet die Preisbildung auf dem Spotmarkt nach dem ökonomischen Prinzip von Angebot und Nachfrage statt. Auf Basis der Bedarfsmeldungen der Netzbetreiber für den Folgetag (engl.: Day Ahead) geben die Kraftwerksbetreiber ihre Gebote ab. In der Reihenfolge ihrer Grenzkosten erhalten die Kraftwerke beginnend mit den Kraftwerken mit den niedrigsten Grenzkosten die Zuschläge, solange, bis der Strombedarf gedeckt ist. Das zuletzt bezuschlagte Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten, gibt dann den Preis für alle zuvor bezuschlagten Kraftwerke vor (engl.: Merit-Order, deutsch: Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit).

Infolge eines saisonal bedingten Überangebotes an Strom aus Kraftwerken mit niedrigen Grenzkosten (Wind- und Solarenergiekraftwerke), kommt es vermehrt in den Monaten zwischen Mai und Oktober zu niedrigen bis negativen Strompreisen auf dem Spotmarkt.

Vermehrt gehen Lieferanten in Deutschland dazu über Unternehmen bevorzugt Spotbelieferungsverträge anzubieten, indem sie den Unternehmen die Großhandelseinkaufspreise des Spotmarktes gegen eine Bearbeitungsgebühr weitergeben. Für dieses Belieferungsmodell benötigen die Energieversorgungsunternehmen deutlich weniger Eigenkapitalreserven. In der Folge können Spotmarktkontrakte zu signifikant günstigeren Konditionen angeboten werden als Terminmarktkontrakte.

In den letzten dreizehn Jahren (2011-2023) lag der Strompreis auf dem Spotmarkt durchschnittlich 41 % unter dem Strompreis auf dem Terminmarkt.

Quelle: EPEX-Spot / Statistisches Bundesamt, * bdew (Strompreise für die Industrie / Stand 07/2023)

Die kombinierte Beschaffung (Hybrid)

Eine Kombination aus Terminmarktbeschaffung und Spotmarkteinkauf stellt die Hybridbeschaffung dar. Die positiven Eigenschaften beider Beschaffungsmodelle werden dabei synergistisch genutzt. So wird ein Teil des dauerhaft benötigten Energiebedarfs als Grundlastband zu einem Festpreis auf dem Terminmarkt eingekauft und ein Teil als mengenvariables preisflexibles Band auf dem Spotmarkt.

Die sich aus der Kombination ergebenden Vorteile ergeben sich im Wesentlich aus der Risikoverteilung auf zwei Märkte. Vereinfacht ausgedrückt profitiert das Unternehmen im Belieferungszeitraum von der Marktentwicklung auf mindestens einem der beiden Märkte.

Eigenproduktion

Zunehmend erhoffen sich Unternehmen eine Reduktion der Energiekosten durch die Eigenproduktion von Strom (Erneuerbare Energien). Eine objektive Rentabilitätsrechnung muss diesem Vorhaben zwingend vorausgehen. Zudem muss in die Überlegung mit einfließen, welche weiteren Konsequenzen sich daraus für das Unternehmen ergeben. Denn oftmals kollidieren auch hier die vollmundigen Versprechungen der Politik mit den unabänderbaren Bedingungen der Realität.

Professionalisierung der Energiebeschaffung

Die Zeiten, in denen der Stromeinkauf für das Unternehmen mal so nebenbei an einem Vormittag geklärt werden konnte, sind vorbei. Die Energiebeschaffung ist zu einer Managemententscheidung der obersten Führung geworden. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit stehen dabei an oberster Stelle. Nachhaltigkeit, Außendarstellung und Anforderungen von Kunden und Lieferanten vervollständigen die Komplexität des Energieeinkaufs. Die Professionalisierung der Energiebeschaffung, das heißt die Kenntnis über Beschaffungsmodelle sowie unternehmensrelevante energiewirtschaftliche Prozesse, ist von zentraler Bedeutung geworden. Vollkommen unabhängig vom Energiebedarf eines Unternehmens! Damit Unternehmen sich weiter auf ihre Kerngeschäfte konzentrieren können, ist es wichtig den Energieeinkauf in firmeneigene oder externe energiewirtschaftlich kompetente Hände zu übergeben.

Die Professionalisierung des Energieeinkaufs für Unternehmen ist die Kernkompetenz vom BVGE e. V.. Unsere geprüften Gewerbekundenberater in der Energiewirtschaft werden das für Ihr Unternehmen optimierte Beschaffungsmodell identifizieren und den dazu passenden Energielieferanten akquirieren. Neben dem Monitoring und Tracking Ihrer Energiebelieferung garantieren wir Ihnen ein Dienstleistungsangebot in allen unternehmensrelevanten energiewirtschaftlichen Bereichen. Bei uns liegt Ihre Energiebeschaffung in kompetenten und vertrauensvollen Händen.

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